Selbstbedienung und Parteispenden-Skandal - Wegner fängt da an, wo Diepgen aufgehört hat

Carsten Schatz

Der 27. April war ein schwarzer Tag für Berlin. Nicht nur, weil seit fast 22 Jahren erstmals wieder ein CDU Bürgermeister gewählt wurde. Sondern, weil diese Wahl durch die Art ihres Zustandekommens überschattet wurde. Trotz aller Warnungen ist die Koalition ohne einfache Mehrheit in den dritten Wahlgang gegangen. Die SPD hat zugelassen, dass die AfD behaupten kann, der Regierende von Berlin säße nur dank ihrer Stimmen im Sessel. Noch im Februar 2020 hat Raed Saleh völlig zu Recht der CDU heftige Vorwürfe gemacht, weil sie sich nicht klar von ihren Thüringer Parteifreunden abgrenzte, die damals zusammen mit der AfD Kemmerich zum Kurzzeit-MP gemacht hatte. Schwarz-Rot hat der AfD den Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt.

Das hat zur Normalisierung der Demokratiefeinde beigetragen. Es ist am Ende egal, ob deren Legende stimmt oder nicht. Man hätte ihnen nie Gelegenheit geben dürfen, sie zu spinnen.

Und kaum im Amt hat der neue Senat dann erstmal kräftig das Geld für die ­eigene Leitungsebene aufgestockt. Weil für die Wirtschaftssenatorin Giffey der Verlust der Senatskanzlei offenbar schwer zu verkraften war, gönnt man jetzt einfach jedem Senator eine eigene kleine Senatskanzlei. Und den persönlichen Vertrauten, mit denen man sich dort umgibt, gönnt man direkt ein höheres Einkommen als den Amtsleitungen. Das dürfte Motivation und Anerkennungskultur in der Verwaltung einen ordentlichen Bärendienst erwiesen haben. Die kleine Koalition aus CDU und SPD knüpft scheinbar direkt an die 90er an, als sie die Stadt als ihre Beute betrachtete und treue Parteifreunde mit gut dotierten Posten in der Verwaltung und den öffentlichen Unternehmen versorgte.

Es überrascht also niemanden wirklich, dass jetzt eine Parteispende aus der Immobilienbranche für Wirbel sorgt. Der Bauunternehmer Gröner war besorgt angesichts einer darniederliegenden und einflusslosen CDU. Um sie aufzupäppeln, leistete er nicht nur aktiv Wahlkampf­unterstützung, indem er ihr gestattete, am Steglitzer Kreisel wochenlang kostenlos Wahlwerbung aufzuhängen. Er griff auch tief ins Portemonnaie und spendete der CDU mit ihrem neuen Vorsitzenden Kai Wegner üppige 820.000 Euro. Ob damit politische Forderungen verknüpft waren, und die Spende somit illegal, darüber haben sowohl Wegner als auch Gröner seitdem immer wieder widersprüchliche Aussagen gemacht. Das prüft jetzt die Präsidentin des Bundestages. Aber wenn Herr Wegner verkündet, „In Berlin gelten Gesetze und Regeln, an die sich alle halten müssen”, dann sollte er noch heute mindestens die 820.000 EUR zurückzahlen, um klarzumachen, dass das für den 1. Bürger der Stadt auch zuerst gilt.

Für uns als LINKE gilt: Berlin braucht Solidarität und Zusammenhalt, sozial-ökologischen Umbau, resiliente Daseinsvorsorge sowie eine Stärkung der Demokratie. Wie das gehen kann, das werden wir in den nächsten drei Jahren zeigen, damit Berlin 2026 wirklich wieder das Beste bekommt.

Carsten Schatz