Raus aus dem Wettbewerb der Schäbigkeit

Zur aktuellen Debatte über den Umgang mit flüchtenden Menschen und den diesbezüglichen Ergebnissen des Treffens der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit dem Bundeskanzler erklären die Vorsitzenden der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Anne Helm und Carsten Schatz:

„Angesichts von weltweit nach Angaben des UNHCR ca. 110 Millionen Menschen auf der Flucht - so viele wie seit Ende des 2. Weltkrieges nicht mehr – steht in Deutschland nicht etwa die mittel- und langfristige Bekämpfung von Fluchtursachen im Mittelpunkt der Debatte und schon gar nicht die Frage, wie die Aufnahme und Teilhabe schutzsuchender Menschen gelingen können. Stattdessen tobt seit Wochen ein Überbietungswettbewerb der Inhumanität und Schäbigkeit, der vor allem auf die Abwehr von flüchtenden Menschen setzt.

Weder die Ersetzung von Bargeld durch Sachleistungen und die Absenkung der Leistungen unter das vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Existenzminimum, noch stationäre oder mobile Grenzkontrollen, vermehrte Abschiebungen oder Versuche Asylverfahren in Länder außerhalb der EU auszulagern, werden Menschen von der Flucht vor Krieg, Verfolgung und den Folgen des Klimawandels abhalten. All diese Wiedergänger aus Diskussionen der 90er Jahre werden so wie damals auch heute wieder an der Realität scheitern.

Wie damals vergiften sie aber auch heute wieder die gesellschaftliche Debatte und befeuern rassistische Ressentiments. Und sie erschweren die Partizipation der geflüchteten Menschen. Die viel diskutierten Grenzen der Aufnahmefähigkeit der Kommunen sind vor allem einer verfehlten Finanzpolitik in Deutschland geschuldet, die Investitionen in öffentliche Infrastrukturen, in Wohnungen, Schulen, Kindergärten und das Gesundheitssystem erschweren. Diese Krise ist hausgemacht.

Daran wird auch die nun getroffene Einigung zur Finanzierung der Kosten der Aufnahme wenig ändern, auch wenn wir begrüßen, dass der Bund endlich wieder bereit ist, sich hier wieder an der realen Zahl der aufgenommenen Menschen zu orientieren. Positiv bewerten wir auch die Richtung der Entscheidung, geflüchteten Menschen schneller den Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren, auch wenn wir weiterhin wie bei den Geflüchteten aus der Ukraine fordern, dass dies von Tag Eins an gelten sollte.

Deutschlands Verpflichtung, schutzsuchende Menschen aufzunehmen, ist vor dem Hintergrund der Nazi-Diktatur ins Grundgesetz dieses Landes aufgenommen worden. Für Die Linke ist das nicht nur eine moralische Verpflichtung, es ist auch der einzige realitätstaugliche Weg, die Herausforderungen unserer Zeit anzunehmen.“