„Nachtflugverbot“

Wer das größte Infrastrukturprojekt Ostdeutschlands zum Erfolg führen möchte, muss auf die dort wohnenden Menschen zugehen und muss gesellschaftliche Akzeptanz in der Bevölkerung und unter den Gesellschaftern sichern.

aus dem Wortprotokoll

46. Plenarsitzung

Wir kommen nun zu

lfd. Nr. 2 A:

Nachtflugverbot“

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 2. April 2014
Drucksache 17/1572

zur Volksinitiative gemäß Artikel 61 Abs. 1 der Verfassung von Berlin
Drucksache 17/1390

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion
Drucksache 17/1572-1

in Verbindung mit:

Fluglärm am BER begrenzen: Eine dritte Start- und Landebahn muss ausgeschlossen werden

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 2. April 2014 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 9. April 2014
Drucksache 17/1583

zum Antrag der Piratenfraktion
Drucksache 17/1490

 

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck:

– Für die Linksfraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Schatz. – Bitte!

Carsten Schatz (LINKE):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Friederici! Ihr Landesverband in Brandenburg tritt im Übrigen für ein Nachtflugverbot von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr ein.

[Lars Oberg (SPD): Unverantwortlich!]

Dazu habe ich jetzt nichts gehört. Der letzte DDR-Ministerpräsident gehörte, so glaube ich, auch der CDU an.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Über 26 000 Berlinerinnen und Berliner unterschrieben den folgenden Text:

Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr – Verhandlungen mit Brandenburg. Jetzt! Das Abgeordnetenhaus möge den Senat bzw. die Vertreter des Landes Berlin in der FBB auffordern, unverzüglich Verhandlungen mit den Mitgesellschaftern in der FBB zur Einführung eines Nachtflugverbots von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr in Tegel, Schönefeld und am künftigen BER aufzunehmen.

Diese Unterschriften wurden dem Präsidenten im November übergeben. Am 14. Januar dieses Jahres wurde die Volksinitiative mit der Drucksache 17/1390 ein Vorgang des Hauses. Die Volksinitiative wurde in den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr überwiesen. Dort fand am 12. März die Anhörung statt. Es war eine beeindruckende Veranstaltung, wie ich finde. Die Argumente für eine erneute Beratung waren und sind gewichtig.

Wir haben alle Herrn Ebert von der Friedrichshagener Bürgerinitiative gehört. Für die, die nicht da waren, zitiere ich ihn gern:

Die Volksinitiative hat zum Inhalt, dass wir es wirklich erreichen, Gespräche zwischen Berlin und Brandenburg aufzunehmen, dass sie das bitte auch im Fokus behalten.

Das ist im Wortprotokoll nachlesbar.

Wir haben Herrn Müller von der Bürgerinitiative gehört, der uns vorgerechnet hat, dass das Planziel für den Flughafen ohne Nachtflüge auskäme. 360 000 Flugbewegungen sind im Planziel gefordert. In der Maximalkapazität könnten 90 Flugbewegungen pro Stunde in 16 Stunden an 365 Tagen, mithin über 520 000 Flugbewegungen erreicht werden. 16 Stunden am Tag bedeuten 8 Stunden Ruhe.

Er hat ausgeführt, dass die Umlaufzeiten der Fluggesellschaften kein Grund für Nachtflüge sind und hat explizit darauf hingewiesen, dass im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass der Vorbehalt im Planfeststellungsbeschluss jederzeit genutzt werden kann für „Maßnahmen des aktiven Schallschutzes bis hin zu einem Teilwiderruf der Regelung über den Flugbetrieb“. Es geht also.

Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die im Ausschuss angestellt wurden, deren Zahlen im Ausschuss stark zwischen einem dreistelligen und einem zweistelligen Millionenbetrag differierten, erinnern eher an die unselige Baugeschichte des BER. Angesichts der permanent steigenden Kosten des Projekts dieses Argument nach vorn zu stellen, ist absurd.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den
PIRATEN]

Herr Professor Behrbohm und Herr Dr. Thole haben gezeigt, dass Fluglärm krank macht. Es wurde nicht einfach behauptet, sondern ist durch Studien belegt. Es gibt Daten aus Köln, wo sich die Landesregierung um ein Nachtflugverbot bemühte, aus Frankfurt und aus Heathrow. Es sind beängstigende Daten, finde ich. Es sind Daten, die wir nicht ignorieren dürfen.

Im Gesundheitsausschuss, in den die Volksinitiative dann auch noch überwiesen wurde, konnte die Staatssekretärin noch nicht einmal auf das neueste Gutachten des Sachverständigen Rats für Umweltfragen von Ende März reagieren. Titel des Gutachtens ist übrigens: „Fluglärm reduzieren, Reformbedarf bei der Planung von Flughäfen und Flugrouten“. Im Gutachten ist zu lesen: „Fluglärm stellt eine bedeutsame Quelle der insgesamt hohen Belastung durch Umgebungslärm dar. Dauerhafte Lärmbelastung insbesondere nachts kann zu ernsten Gesundheitsstörungen führen.“ Wie gesagt, die Gesundheitsverwaltung hat das noch nicht abschließend bewertet, aber die Koalition will heute beschließen. Ich sage es einmal mit meinen Worten: Wir mussten euch zuhören. Ändert nichts. Sie wollen das beschließen, was das Verwaltungsgericht sowieso beschlossen hat. Das wollen Sie einfach noch einmal tun. Das geht nicht.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den
PIRATEN]

Wer das größte Infrastrukturprojekt Ostdeutschlands zum Erfolg führen möchte, muss auf die dort wohnenden Menschen zugehen und muss gesellschaftliche Akzeptanz in der Bevölkerung und unter den Gesellschaftern sichern, sonst wird das Traumschloss endgültig platzen. Deshalb bitte ich Sie und vor allem die Kolleginnen und Kollegen aus den Bezirken, die unter Fluglärm leiden und leiden werden, Pankow, Reinickendorf, Spandau und natürlich meine Kolleginnen und Kollegen aus Treptow-Köpenick: Stimmen Sie dem Antrag von Grünen, Linken und Piraten zu! Wir brauchen Verhandlungen mit Brandenburg, besser heute als morgen. Die Interessen der Bürgerinnen und Bürger müssen in politisches Handeln und nicht in wohlfeile Worte fließen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den
PIRATEN]

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck:

Vielen Dank, Herr Schatz! –