Umsetzung der ISV VII: Geschichtsdokumentation und Forschung

,

Drucksache 17 / 13 077 - Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Klaus Lederer und Carsten Schatz (LINKE)

Drucksache 17 / 13 077

Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Klaus Lederer und Carsten Schatz (LINKE)

vom 20. Januar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Januar 2014) und Antwort

Umsetzung der ISV VII: Geschichtsdokumentation und Forschung

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

1. Existiert inzwischen das in der Drucksache 17/0277 angekündigte Konzept „zur Förderung der berlinbezogenen Erforschung und Dokumentation der strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Männer und der Diskriminierung von Lesben, Schwulen und transgeschlechtlichen Menschen in der frühen Bundesrepublik und der DDR“? Wenn ja: Was sind die zentralen Eckpunkte und Aussagen dieses Konzepts?

2. Wie gestaltete sich die bisherige Arbeit des Koordinierungsgremiums zur Abstimmung der an der Fachthematik Beteiligten? Zu welchen Ergebnissen ist es gekommen? Welche politischen Aufgaben und Handlungsaufträge ergeben sich daraus bzw. haben sich daraus ergeben und wie wurden oder werden diese umgesetzt?

Zu 1. und 2.: Das Koordinierungsgremium zur Geschichte von Lesben, Schwulen und transgeschlechtlichen Menschen wurde am 27. August 2012 von der Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen Dilek Kolat einberufen. Das Gremium ist hochrangig besetzt mit Historikern und Historikerinnen sowie Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen unterschiedlicher Fachrichtungen. Die Geschichtsinstitute der Berliner Universitäten sind ebenso vertreten wie Gedenkstätten, Museen und die Kulturund Bildungsverwaltung. Das Gremium tagte bisher dreimal. Aus dem Gremium gingen Arbeitsgruppen hervor, die zum Teil eine externe organisatorische Anbindung fanden und erste Arbeitsergebnisse vorgelegt haben. Die Schwerpunkte sind:

1. Die AG „Akten sichten und sichern“ unter Leitung des Landesarchivs Berlin (LAB) musste bedauerlicherweise feststellen, dass die Westberliner Justizakten zu Verfahren nach den §§ 175 und 175a Strafgesetzbuch aus den 1950er und 1960er Jahren nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen weitgehend vernichtet wurden. Es wurde eine Bestandsaufnahme über relevante Akten im LAB erstellt sowie ein erster Überblick über weitere Bestände, z.B. im Polizeiarchiv, im Psychiatriearchiv des Instituts für Geschichte der Medizin in der Charité sowie den Archiven und Museen der Schwulen-, Lesbenund Frauenbewegung.

2. Aus der AG „Zeitzeugenprojekt“ ist das Vorhaben „Archiv der anderen Erinnerungen® (eingetragene WortBild-Marke des deutschen Patentund Markenamts)“ unter Leitung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld hervorgegangen. Es sollen biografische Interviews durchgeführt werden mit Menschen, die diese Zeit erlebt haben und in ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht der vorherrschenden Norm entsprachen. Ende 2013 hat die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen die Durchführung der ersten drei Interviews mit einem schwulen Mann, einer lesbischen Frau und einer transgeschlechtlichen Person beauftragt. Die Förderung soll 2014-2015 im Rahmen der Projektförderung und der Weiterentwicklung der ISV fortgesetzt werden. Siehe mh-stiftung.de/zeitzeug_innen-interview-projektder-bundestiftung-magnus-hirschfeld/.

3. Aus der AG „Bildung“ ist das Projekt „Queer History Month“ entstanden. Es wurde gestartet zur Vermittlung der Geschichte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, transund intergeschlechtlichen Menschen an Schüler und Schülerinnen der Berliner Schulen. Im Februar 2014 wird dieser „Monat der queeren Geschichte“ zum ersten Mal durchgeführt. Das Internetportal www.queerhistory.de stellt multimediale Lernangebote für Lehrkräfte und Schüler und Schülerinnen zur Verfügung, die u.a. am Institut für Geschichtsdidaktik der Freien Universität Berlin entwickelt wurden. Die organisatorische Anbindung liegt bei der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Die Förderung und Zusammenarbeit sind Teil der ISV-Maßnahmen im Bildungsbereich. Siehe auch: bildungsserver.berlin-brandenburg.de/qhm.html.

4. In einem Fachgespräch „Lesbenforschung“ wurden vorliegende Quellen und Forschungsansätze zusammengetragen und lesbenspezifische Herangehensweisen benannt, die sicher stellen sollen, dass die Arbeit aller Dokumentationsund Forschungsvorhaben die Belange lesbischer Frauen angemessen berücksichtigt.

Des Weiteren wurden bei den Treffen des Gremiums Forschungserfordernisse und -strategien im Hinblick auf die Erforschung von Verfolgung, Diskriminierung und Emanzipation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, transund intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) in der frühen Bundesrepublik und der DDR erörtert. Aktuell wurde ein Zwischenbericht erstellt, der bei der nächsten Sitzung am 10. Februar erörtert und beschlossen werden soll. Dieser Zwischenbericht stellt den ersten Teil des angekündigten Konzepts dar. Er benennt neben den bisher erreichten Ergebnissen nächste Schritte, wie z.B. eine Erschließungsinitiative und die Entwicklung konkreter Forschungsvorhaben. Der Zwischenbericht wird in Kürze auf der Internetseite www.berlin.de/lads/gglw eingestellt. Die Entwicklung von Vorschlägen für Maßnahmen des Landes Berlin zur gesellschaftlichen Rehabilitierung und Unterstützung der Betroffenen konnte noch nicht begonnen werden.

3. Wie ist der aktuelle Umsetzungsstand zur angestrebten Gründung eines Magnus-Hirschfeld-Instituts in Berlin und welche Schritte sind vom Senat mit welchen Ergebnissen hierzu konkret unternommen worden?

Zu 3.: Die Bundesregierung hat Ende 2011 die „Bundesstiftung Magnus Hirschfeld“ errichtet. Diese nimmt durch Kooperation mit Wissenschaft, Forschung und Bildung Aufgaben wahr, die die Aktivitäten verschiedener Institute miteinander verbinden. Der Berliner Senat hat, vertreten durch die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen im Jahr 2012 die Zusammenarbeit mit der Bundesstiftung aufgenommen. Der Erfahrungsaustausch der am o.g. Koordinierungsgremium Beteiligten hat gezeigt, dass die vielfältigen Aktivitäten zahlreicher Träger und Institutionen derzeit durch Kooperation und Transparenz in Berlin keiner zentralen Einrichtung bedürfen. Beabsichtigt ist hierzu eine weitere Abstimmung mit der Bundesebene, um Ressourcen für eine kollektive Widergutmachung für die nach 1945 strafrechtlich verfolgten schwulen Männer und die von Repression und Diskriminierung betroffenen Lesben und transgeschlechtlichen Menschen zu erschließen.

4. In welchen Themenfeldern kooperieren die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und die LADS in der berlinbezogenen Forschung zur Homosexuellenverfolgung (angekündigt in der Antwort auf die Kleine Anfrage Drs. 17/10448)? Welche konkreten Ergebnisse und Vorhaben resultieren daraus?

Zu 4.: Die bisherige Kooperation zwischen der Landesstelle für Gleichbehandlung gegen Diskriminierung (LADS) und der Bundesstiftung Magnus-Hirschfeld erfolgte in den o.g. Themenfeldern (Antwort zu Frage 1 und 2). Konkretes Ergebnis ist der Start des Projekts „Archiv der anderen Erinnerungen®“. Weitere Institutionen haben sich der Kooperationsvereinbarung angeschlossen, deren öffentliche Unterzeichnung im März im Rahmen einer Pressekonferenz geplant ist.

Berlin, den 27. Februar 2014

In Vertretung Barbara L o t h

Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen

(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Mrz. 2014)