Städtepartnerschaft Berlin-Moskau: Für die Freiheit werben! Menschenrechtsverletzungen nicht hinnehmen!

Berlin hat gelernt, zerstörte Vielfalt kostet unsere Gesellschaft viel. Es ist total wichtig, dass wir uns als Stadt dafür einsetzen, dass sexuelle und geschlechtliche Vielfalt Teil unserer Stadt, aber auch Teil einer offenen Gesellschaft ist.

aus dem Wortprotokoll

64. Sitzung

Ich rufe auf

lfd. Nr. 7:

Städtepartnerschaft BerlinMoskau: Für die Freiheit werben! Menschenrechtsverletzungen nicht hinnehmen!

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien vom 25. März 2015
Drucksache 17/2195

zum Antrag der Fraktion Die Linke
Drucksache 17/1406

Es beginnt Kollege Schatz für die Linksfraktion. – Ich erteile Ihnen das Wort, bitte schön!

Carsten Schatz (LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der 70. Jahrestag der Befreiung markiert auch die Befreiung vieler Häftlinge, die mit rosa Winkel in den faschistischen Konzentrationslagern saßen, durch Soldaten der roten Armee.

Vizepräsident Andreas Gram:

Ich glaube, Kollege Schatz empört sich zu Recht. Es ist ein Gemurmel im Saal. Wenn Sie Privatgespräche führen, machen Sie es draußen! Es ist ein wichtiges Thema, und der Redner hat Anspruch darauf, dass wir ihm zuhören. Die Regierungsbank ebenfalls! – Bitte schön!

Carsten Schatz (LINKE):

Vielen Dank! – Dafür empfinden wir nicht nur Dankbarkeit, sondern das ist uns auch Verpflichtung und Auftrag. Denn Berlin hat gelernt, zerstörte Vielfalt kostet unsere Gesellschaft viel. Es ist total wichtig, dass wir uns als Stadt dafür einsetzen, dass sexuelle und geschlechtliche Vielfalt Teil unserer Stadt, aber auch Teil einer offenen Gesellschaft ist.

[Beifall bei der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN
und den PIRATEN]

Am 30. Juni 2013 trat in der Russischen Föderation ein Gesetz in Kraft, das gemeinhin als Gesetz gegen Homopropaganda bezeichnet wird, der offizielle Name ist „Gesetz gegen die Propaganda von nichttraditionellen sexuellen Beziehungen gegenüber Minderjährigen“. Im Klartext heißt es: Lesben und Schwulen, Bi- und Transsexuellen und Intersexuellen, die sich in der Öffentlichkeit zu ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität bekennen, drohen Strafen. Und letztlich ist dieses Gesetz auch eine staatliche Ermutigung für Homo- und Transfeindlichkeit. Seit der Inkraftsetzung dieses Gesetzes, aber auch vorher schon, es galt nämlich vorher schon in einigen Orten in Russland, beispielsweise in Sankt Petersburg, hat die Anzahl von Übergriffen auf bis hin zu Morden an Lesben und Schwulen in Russland dramatische Zahlen erreicht. Man muss sagen, die russische Zivilgesellschaft kämpft engagiert gegen dieses Gesetz, aber sie braucht Unterstützung aus dem Ausland.

Der Regierende Bürgermeister hat heute früh in seiner Rede in der Aktuellen Stunde gesagt, es sei wichtig, sich berühren zu lassen vom Schicksal von Menschen, die in Not sind. Darum geht es an dieser Stelle, sich berühren zu lassen vom Schicksal von Menschen, die in Not sind, nicht nur in unserer Partnerstadt Moskau, sondern in ganz Russland. Als im Mai 2013 hier im Abgeordnetenhaus das erste Mal über dieses Thema diskutiert wurde – damals wurde unter Verweis darauf, dass man ja hier keine Außenpolitik mache, die Beschlussfassung abgelehnt –, kündigten die Sprecher der Koalition konkrete Ideen an, wie man jetzt tatsächlich in der Städtepartnerschaft, aber auch anders gegen dieses Gesetz vorgehen könne. Nun, wo sind diese konkreten Ideen? Wir wollten Ihnen also mit dem Antrag helfen und haben ganz einfach drei Dinge da reingeschrieben, nämlich der Senat sollte uns sagen: Was ist bisher getan worden in den Städtepartnerschaftsbeziehungen? Was ist geplant? Und wie werden Nichtregierungsorganisationen einbezogen? – Ich finde, drei Dinge, die konkret sind, die beantwortbar sind und die eigentlich nicht weiter geschadet hätten. Der Senat hätte antworten können, und Berlin hätte sich zu seiner Verantwortung, die auch aus der Geschichte erwächst, bekannt.

[Beifall bei der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN
und den PIRATEN]

Stattdessen lag der Antrag ziemlich lange im Ausschuss. In der Zwischenzeit hat bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi im letzten Jahr Staatssekretär Statzkowski ganz tapfer einen Regenbogenschal getragen; nun ja, eine Sache. Aber wie wird die Position Berlins in den partnerschaftlichen Beziehungen zu Moskau einbezogen? Ich habe nach partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Berlin und Moskau gefragt in einer Kleinen Anfrage, und mir wurde geantwortet: Es gibt eine Reihe, im Jugendbereich, in Ausbildungsbereichen. In all diesen Bereichen könnte das eine Rolle spielen. Und es wäre eben nicht der erhobene Zeigefinger, sondern es wäre gelebte Normalität, die tatsächlich vielen Menschen in unserer Partnerstadt, in Moskau, helfen würde. Ich denke, das wäre eine kleine Geschichte gewesen, die tatsächlich Sinn macht.

Sie hätten Zeit gehabt, den Antrag zu ändern, zu ersetzen. Aber Sie neigen ja eher zum Neinsagen, oder njet, wie der Kollege Lehmann-Brauns das vorhin sagte. – Zum Abschluss mal wieder ein Zitat aus dem Buch der Bücher. „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen.“ Nun, wenn es um die Taten geht, sind Sie nicht nur an diesem Thema leider nicht erkennbar. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN
und den PIRATEN]

Vizepräsident Andreas Gram:

Vielen Dank, Kollege Schatz! –