TTIP und CETA (I): Investor-State-Dispute-Settlement (ISDS)

Drucksache 17 / 13 611 - Wir fragten den Senat, ob er der Meinung ist, dass Investoren aus den USA und Kanada im Bundesland Berlin unzureichenden Rechtsschutz genießen, der sie gegenüber inländischen Investoren schlechter stellt.

Drucksache 17 / 13 611

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Carsten Schatz (LINKE)

vom 10. April 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. April 2014) und Antwort

TTIP und CETA (I): Investor-State-Dispute-Settlement (ISDS)

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:

1. Ist der Senat der Meinung, dass Investoren aus den USA und Kanada im Bundesland Berlin unzureichenden Rechtsschutz genießen, der sie gegenüber inländischen Investoren schlechter stellt?

Zu 1.: Die Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) gewähren sich auch nach Meinung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gegenseitig hinreichenden Rechtsschutz vor ihren nationalen Gerichten. (Siehe dazu: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Handelspolitik/EuropaeischeHandelspolitik/freihandelsabkommen,did=613270.html).

Die Europäische Kommission hat die Verhandlungen mit den USA in diesem Punkt ausgesetzt, um ein öffentliches Konsultationsverfahren durchzuführen.

Die Verhandlungen zu CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) sind weit fortgeschritten und umfassen auch den Investitionsschutz einschließlich Investor-Staat-Schiedsverfahren. Da eine politische Einigung zwischen Kanada und der EU-Kommission erzielt wurde, scheint es der Bundesregierung nicht Erfolg versprechend, das Investor-Staat-Schiedsverfahren in CETA zum jetzigen Zeitpunkt in Frage zu stellen.

2. Wenn ja, welcher Art sind diese Defizite? Wird der Senat in einem solchen Fall Initiativen für entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen im Abgeordnetenhaus und ggf. im Bundesrat ergreifen, um diesen unzureichenden Rechtsschutz zu beheben?

Zu 2.: Entfällt.

3. Ist der Senat der Meinung, dass Investoren aus den USA und Kanada über einen besseren Rechtsschutz in Berlin verfügen sollten als inländische Investoren? Wenn ja, warum?

Zu 3.: Nein.

4. GemäßderEuropäischenEnergiechartabestehtdie Möglichkeit von Investor-Staat-Schiedsgerichtsklagen bereits heute. Nach deutschem Recht zulässige Auflagen der Freien und Hansestadt Hamburg als Genehmigungsbehörde gegen das Kohlekraftwerksprojekt HamburgMoorburg wurden vom schwedischen Betreiber Vattenfall vor einem solchen außerstaatlichen Schiedsgericht beklagt. Die Klage endete mit einem Vergleich, Hamburg schwächte seine Genehmigungsauflagen ab. Sieht der Senat die Möglichkeit vergleichbarer Klagen von Investoren aus den USA oder Kanada auch für den Fall eines Inkrafttretens der jeweiligen Freihandelsabkommen? Welche Konsequenzen zieht der Senat aus dieser Möglichkeit?

Zu 4.: Die Europäische Kommission hat am 27. März 2014 eine öffentliche Konsultation zum Investitionsschutz und die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und dem Staat im Rahmen des TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership ) eröffnet, in der die interessierte Öffentlichkeit bis zum 21. Juni 2014 ihre Meinung zum Thema äußern kann.

Die Kommission will die Investor-StaatStreitbeilegung im TTIP transparenter gestalten und stärker auf den Grundsatz der Rechenschaftspflicht stützen als dies in der bisherigen Praxis der Fall ist, und zwar auch in den derzeitigen bilateralen Investitionsabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten und den USA, die durch die TTIP ersetzt würden (Quelle: Presseerklärung der Europäischen Kommission zur Eröffnung der Konsultation, europa.eu/rapid/press-release_IP-14-292_de.htm).

Das Ergebnis der Konsultation und die daraus folgende Verhandlungsposition der EU werden abgewartet.

In sämtlichen Freihandelsabkommen der EU wird unmissverständlich als Grundsatz das Recht der Parteien bestätigt, zu regulieren und berechtigte Gemeinwohlziele in den Bereichen Soziales, Umwelt, Sicherheit, öffentliche Gesundheit und Sicherheit sowie die Förderung und den Schutz der kulturellen Vielfalt zu verfolgen. Dieser Grundsatz gilt künftig auch für die Investitionsschutzbestimmungen in EU-Abkommen (Quelle: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/december/trado c_151995.pdf).

5. Wer würde im Falle einer erfolgreichen Klage eines Investors aus den USA bzw. Kanada gegen Verwaltungsentscheidungen oder gesetzgeberische Maßnahmen des Landes haften: das Land Berlin oder der Bund? Welche Konsequenzen hat diese Möglichkeit für die Haushaltsplanung des Landes Berlin?

Zu 5.: Siehe Antwort zu Frage 4. Weder die Notwendigkeit noch die Ausgestaltung der Investor-StaatStreitbeilegung, noch die Haftungsfrage sind derzeit geklärt. Insofern können Konsequenzen für die Haushaltsplanung nicht eingeschätzt werden.

6. Wird der Senat im Bundesrat einem Freihandelsabkommen der EU mit Kanada bzw. den USA zustimmen, das ein Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren beinhaltet, mit dem Investoren aus diesen Ländern im Gegensatz zu inländischen Investoren das Land außerhalb des üblichen Rechtswegs vor einem internationalen Schiedsgericht verklagen können und damit objektiv bessergestellt werden als inländische Investoren?

Zu 6.: Siehe Antwort zu Frage 5. Das Abstimmungsverhalten im Bundesrat kann derzeit nicht entschieden werden.

Berlin, den 23. April 2014

In Vertretung

Henner Bunde
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung

(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Apr. 2014)

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